Ich achte die Frau, die das kann, was ich manchmal mühsam üben muss – nahtlos mit der Welt verbunden zu sein, nicht über ihr Denken, sondern über ihr Wesen.

Ich achte die Frau, die nicht schweigt,weil sie Frau ist, auch wenn Männer sie behindern und nicht ahnen oder zugeben wollen, dass sie so wertvoll ist wie sie selbst.
Sie hat es geschafft, am Mannsein und Frausein vorbeizusehen und das Menschsein zu erkennen.
Sie glaubt, dass wir alle erst Mensch und dann Frau oder Mann sind.

Ich achte die Frau, die ihren Mann verlässt, ohne sich zu schämen für ihre unstillbare Sehnsucht nach einem Leben, das sich zu leben lohnt, nachdem sie es jahrelang mit ihm versucht hat und er sich geweigert hat diesen Weg mit ihr zu gehen.

Ich achte die Frau in mir, die sich nicht schämt, sich mir ungeschützt zu zeigen, um mich zu beschenken mit ihrer Zartheit, mit dem Reichtum ihres Gespürs und der Flut ihrer Bilder.

Ich achte die Frau, die bei ihrem Mann bleibt und dabei über alles hinauswächst, was sie dachte und fühlte, die nicht kleiner, sondern größer wird in der Enge, die er versucht, auf sie zu legen und der sie mit ihrer inneren Weite begegnet.

Ich achte die Frau, die ihren Körper ehrt und ihn nicht verschenkt wie etwas Wertloses, weil sie ihren Körper bewohnt und ihn zu ihrer Heimat gemacht hat.

Ich achte die Frau, die in ihrem Geschlecht keine Grenze sieht, und die Welt erobert, als gehöre sie ihr, weil sie ihr gehört, genauso, wie jedem Mann.
Sie lebt in sich und braucht auf keine Weise Mann zu werden, um etwas in der Welt zu gelten.

Ich achte die Frauen, von denen ich gelernt habe, Frauen zu achten und spüre, dass ich mich selbst dadurch achte und ein anderer werde.
Durch sie habe ich in Frage gestellt, was ich als Mann bin und wie ich mich sehe.

Ich achte die junge Frau, die ihre ganze Energie hineinlegt in die Veränderung der Welt für Frauen überall, und sich nicht aufhalten lässt von denen, die ihre Verwöhnung weiter leben wollen, die männliche und die weibliche Variante.

Ich achte die Frau, der es gelingt, das öffentliche Leben ihres Mannes zu bejahen und mit ihm zu feiern, die ihm nicht unbedingt gleich sein muss, sondern sich konzentriert auf das, was sie leben will und so Erfüllung findet.

Ich achte die Frau, die Männer und Frauen herausfordert, Menschen zu werden, wie sie selbst zuerst Mensch ist und alles andere dem folgt.

Ulrich Schaffer